Die deutschen Sprache

Die Satzverbindung hat im Ahd ebenso wie in der Gegenwartssprache zwei Hauptmodelle: konjuktionslose und konjuktionale Satzverbindung :

1) Einan kuning wei3 ih, hei3t her Hludwig.

2) Thanan tho Zacharias uuard gitruobit tha3 sehenti, inti fortha anafiel ubar inan. «Zacharias war verwirrt, das sehend, und Furcht ьberfiel ihn «.

Die gebrдuchlichsten Konjuktionen waren inti, ioh = «ich «, ouh = «auch «, doh = «doch « abur = «aber», odo = «oder». Aber es gab noch keine kausalen und finalen Konjuktionalwцrter wie denn, folglich, daher, darum, infolgedessen u.a.

Das Satzgefьge.

Das Ahd. besitzt Gliedsдtze fьr alle Satzglieder, d.h. Subjekt, -Objekt-, Prдdikativ-, Adverbial- und Attributsдtze. Die Endstellung des Prдdikats im Gliedsatz, was die Gegenwartssprache prдgt, gilt im Ahd. noch nicht als Regel. Doch kam sie in den Gliedsдtzen schon hдufig vor :

Thu weist, tha3 ih thih minnon.

» Du weiЯt, daЯ ich dich liebe. «

Da die Endstellung des Prдdikats nur in Gliedsдtzen vorkommt, wird sie allmдhlich zum Prдgemittel des Gliedsatzes.

Im Mhd. gab es wenige Neuerungen in der Entwicklung des Satzbaus. Nur die Anfansstellung des Prдdikats im Aussagesatz war aus dem Gebrauch gekommen.

Die Herausbildung verschiedener literarischer Gattungen sowie der gelehrten Prosa und der Kanzlei — und Geschдftsprosa in der frьhneuhochdeutschen Zeit, die politische und religiцse Literatur der Reformationszeit Luthers, die Bemьhungen der Humanisten um die deutsche Sprache fцrderten die weitere Entwicklung der syntaktischen Struktur der deutschen Sprache. Es kamen neue Konjuktionen auf, es entstanden neue Modelle komplexer Sдtze .

Bereits im XII-XIV Jh. wurde die Voranstellung von Adjektivien, Partizipien und Pronomen in den attributiven Wortgruppen vorherrschend.

Die Tendenz zur festen Stellung des Prдdikats wurde erst im Ahd. zur Regel. Auch die verbalen Klammer entwickelte sich bis in die nhd. Zeit.

Ьber den Ьbergang von der doppelten Negation zur Gesamtnegation siehe bei Moskalskaja (§ 112. Seite 228)

Thema XI

Der Wortschatz der deutschen Gegenwartssprache in

sprachgeschichtlicher Beleuchtung.

Die althochdeutschen Sprachdenkmдler zeugen davon, daЯ die deutsche Sprache schon in jener Zeit einen reichen Wortschatz besaЯ. Neben den Wцrtern aus dem Bereich des alltдglichen Verkehrs besaЯ das Ahd. einen reichen Schatz von Wцrtern aus dem Bereich des Geisteslebens, der Dichtung, der Viehzucht und des Ackerbaus, des Bau-, Rechts — und Heereswesens. In den ahd. Sprachdenkmдlern kommt das stдndige Wachstum des Wortschatzes im Zusammenhang mit der Entwicklung der feudalen Kultur, der klerikalen Bildung, des Staats-und Rechtswesens, mit der Ьbertragung zahlreicher lateinischer theologischer und philosophischer Schriften in die deutsche Sprache und der Schaffung der dazu notwendigen Terminologie zum Ausdruck.

Der deutsche Wortschatz bereicherte sich einerseits durch zahlreiche Entlehnungen, andererseits durch Wortbildung. Die meisten Entlehnungen der vor — und ahd. Zeit sind aus der lateinischer Sprache z. B.:

lat. secula — ahd. sihhila «Sichel «'lat. vinum — ahd wоn «Wein «;

lat. pirum — ahd. bira «Birne «, lat. persica — ahd. pfersich «Pfirsich '

lat. via strata» HeeresstraЯe «- ahd. stra33a «StraЯe «.

Aus dem Latein sind auch die Monatsbezeichnungen entlehnt. Durch Lehnьbersetzungen entstanden die Namen der Wochentage (die Siebentagewoche wurde von den Germanen im III -V Jh. unter griechischen und rцmischen EinfluЯ eingefьhrt) : lat. Martium — ahd. marzeo, merzo «Mдrz «, lat. Maius — ahd. meio «Mai «, lat. Augustus — ahd. augusto «August «, lat. dies Solis — ahd. sunnыntag «Sonntag «, lat. dies Lunac — ahd. manatag «Montag «.

Aus dem Bereich des Kirchenlebens stammen die Wцrter lat. claustrum — ahd. klфstar «Klostar «, lat. templum — ahd. tempal «Tempel «, lat. monachus — ahd. munich «Mцnch «, lat. crucem — ahd. krыzi «Kreuz «.

In der Wortbildung spielen sowohl die Ableitung als auch die Zusammensetzung eine groЯe Rolle. Die Ableitung der Substantive mit Hilfe von Ableitungssuffixen :

ahd. trag — an — treg — ir «Trдger », ahd. hфh — hфhо «Hцhe », rein — reinida «Reinheit », ahd. kunni «Geschlecht «- kun ing «Kцnig », ahd. friunt «Freund «- friunt -in «Freundin » .

Ein beliebtes Wortbildungsmittel ist in allen altgermanischen Sprachen auch die Zusammensetzung, z.B. erd — biba «Erdbeben «, beta — hыs «Bethaus «, «Kirche », gast — hыs «Gasthaus », mitti — tag «Mitttag », himil — richi «Himmelreich » .

In der mhd. Zeit bereichert sich der Wortschatz nicht nur durch Entlehnungen aus anderen Sprachen, in erster Linie aus dem Franzцsischen, sondern auch durch Bedeutungsentwicklung der terminologischen Lexik und der Berufslexik, z.B. afr. tornei — ahd. turnei «Turnier », aventure «Abenteuer » .

Viele Wцrter дndern ihre Bedeutung z.B. ahd. wоp, nhd «Weib « — es war im Ahd. eine Geschlechtsbezeichnung («женщина »).

GroЯe Bedeutung fьr die Entwicklung der abstrakten Lexik hatten die philosophischen Schriften der Mystiker im XII-XIV Jh. In dieser Zeit entstanden die Wцrter begreifen, Eigenschaft, Eindruck, EinfluЯ, Zufall, einsehen, bildlich…

Mit der Entwicklung der Geschдftssprache beginnt die Entwicklung der terminologischen Lexik und der Berufslexik, z.B. urkunde, brief «Dokument «, rat «Rat «, burger «Bьrger «, rihten, urteilen «richten », arzat «Arzt », antwerker «Handwerker », beker «Bдcker », gartner «Gдrtner », goldschmiede «Goldschmied «

Die frьhneuhochdeutsche Zeit brachte die Entwicklung von Handel und Industrie, die stьrmische Reformation und die politischen Kдmpfe des Bauernkrieges, die Ausbreitung der deutschen Sprache auf immer neue Sphдren des gesellschaftlichen Lebens, der Wissenschaft und Kunst. Das alles rief bedeutende Wandlungen im Wortschatz der werdenden deutschen Literatursprache hervor.